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Spargel

Gesunder Schlankmacher: Bis Johanni nicht vergessen: sieben Wochen Spargel essen!

»Es verging in der guten Jahreszeit fast kein Tag, dass nicht mein Vater sich hinausbegab, da wir ihn denn meist begleiten durften, und so von den ersten Erzeugnissen des Frühlings bis zu den letzten des Herbstes Genuss und Freude hatten.« Diese Jugenderinnerung hielt der gealterte Geheimrat Wolfgang von Goethe in seinem Buch »Dichtung und Wahrheit« (1830) fest.

Blühende Weidekätzchen
Spargelstangen grün und weiss

Der gebürtige Frankfurter beschreibt den Goetheschen Familiengarten »vor dem Friedberger Tore«, »woselbst sein Vater zwischen den Reihen der Weinstöcke Spargelreihen mit großer Sorgfalt pflanzte und wartete«. Die Begeisterung für das edle Frühlingsgemüse teilen noch heute Millionen Deutsche mit ihrem Dichterfürsten und dessen Vater, dem kaiserlichen Rat Johann Caspar Goethe.

Doch bereits vor mehr als 4000 Jahren wussten die alten ägypter, Babylonier und Chinesen, später auch die Griechen und Römer um diese Köstlichkeit. Von Hippokrates, dem griechischen Arzt, um 460 v. Chr., wurde er erwähnt und sein Kollege Dioskurides beschrieb ihn als Medizin, die harntreibend und abführend sei und gegen Gelbsucht helfe. Unser essbarer Spargel trägt den Namen Asparagus officinalis. Die lateinische Bezeichnung »officinalis« bedeutet »arzneilich gebräuchlich« oder »als Heilmittel anerkannt«. Die im Spargel enthaltene Asparaginsäure (eine in Eiweißstoffen vorkommende Aminosäure) soll vorteilhafte Auswirkungen auf Herz und Nieren haben. Jahrtausende lang, bis ins 19. Jahrhundert, verwendete man den Spargel als Heilpflanze. Bevorzugt wurde hierzu allerdings die wild wachsende Art genommen.

Die Römer brachten dieses gesunde Gemüse auch zu den Germanen und Galliern. Leider geriet es bei den Wildschwein-Jägern nördlich der Alpen wieder in Vergessenheit. Erst im 16.Jahrhundert entdeckte man die Delikatesse neu. Sie war sehr teuer, denn der Anbau war aufwändig und ist es bis heute geblieben: Vor dem Winter werden die aus Samen gezogenen mehrjährigen Spargelpflanzen in sandigen, lockeren, nicht zu feuchten Boden eingesetzt. Im ersten Jahr müssen die Pflanzen beschnitten und mit Dünger bedeckt werden. In den nächsten zwei Jahren werden die Beete immer mehr mit Erde erhöht, sodass die Spargelpflanzen eine Hand breit tief liegen. Dann nach drei Jahren Pflege kann reichlich geerntet werden und das bis zu zehn Jahre lang.

Spargelernte
Frau beim Spargelstechen

Durch das Aufhäufeln von Erde, bleiben die ca. 20 Zentimeter langen Triebe hell, da sie ohne Licht wachsen und kein Chlorophyll bilden können. Diese Art der Anzucht praktiziert man allerdings erst seit Ende des 19. Jahrhunderts, davor wurde meist grüner Spargel geerntet, der nicht durch Erde vor dem Sonnenlicht geschützt war. Die Franzosen bevorzugen den grünen, würzigeren Spargel, oder man wartet, bis die Köpfchen etwas aus der Erde ragen und die Spitze sich violett färbt. Für weißen und grünen Spargel verwendet man heute meist unterschiedliche Pflanzensorten.

Zur Ernte benötigt man viele Helfer. In Deutschland reisen dazu eigens Saisonarbeiter an. Sie kommen meist aus Polen oder anderen osteuropäischen Ländern. Bei dieser mühevollen Arbeit muss jede Stange einzeln von Hand gestochen werden. Anschließend sortiert sie eine Maschine nach Qualität und Größe. In den USA gab es bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts Versuche zur maschinellen Spargelernte. Viele Forschungen wurden unternommen, doch keine der Methoden setzte sich durch, denn die Maschinen konnten nicht zwischen reifen und unreifen Stangen unterscheiden, und verletzten oft Wurzeln, sodass in den Folgejahren der Ertrag geringer war.

Die geschälten Spargelstangen kocht man im sprudelnden Salzwasser mit einer Prise Zucker und einem Schuss Weißwein. Die weiteren Beilagen differieren, denn Rezepte gibt es zahlreich. Eine Spargelmahlzeit ist leicht und bekömmlich, vorausgesetzt die Beilagen fallen nicht zu üppig aus. Wilhelm Busch schreibt über die Vorlieben der deutschen Spargelesser in seiner Geschichte von der frommen Helene sarkastisch:
»Denn Spargel, Schinken, Koteletts, sind doch mitunter auch was Netts.«

Blühende Weidekätzchen
Die fromme Helene und Gatte beim Spargel

Spargel ist gesund, entschlackt den Körper und hat so gut wie keine Kalorien. In 100 Gramm Spargel sind im Durchschnitt 92,9 Gramm Wasser, 4,1 Gramm Kohlenhydrate, 2,1 Gramm Proteine, 0,2 Gramm Fette und 0,7 Gramm Mineralstoffe enthalten. Dazu kommen die Vitamine A, B und C sowie Eisen, Kalium, Kalzium, Phosphor und Jod. Die entwässernde Wirkung bemerkt man spätestens nach einer Stunde, und bei knapp der Hälfte der Menschen tritt ein charakteristischer Geruch des Urins auf, was mit den Inhaltsstoffen zusammenhängt. Diese chlor-, phosphat- und schwefelhaltigen Stoffe bewirken zum Beispiel auch, dass sich Essbesteck aus Silber dunkel verfärbt. Und die früheren Messerklingen aus Eisen rosteten und veränderten den Geschmack des Spargels. Aus diesem Grund wurde in den vergangenen Jahrhunderten der Spargel mit den Fingern oder mit Hilfe spezieller Spargelzangen gegessen. Heute im Zeitalter der spülmaschinenfesten Edelstahlbestecke ist diese alte Etikette-Regel überholt. In Stücke geschnittener Spargel ist zudem auch bekömmlicher, da zu lange Spargelfasern zu Verschlingungen im Darm führen könnten.

Die offizielle Spargelsaison endet an »Johanni«, also am 24. Juni. Die Bauernregel dazu heißt »Kirschen rot, Spargel tot«. Im Sprachgebrauch wurde der Spargel früher auch Lenzmittel genannt - frei übersetzt: Frühjahrskur oder Verjüngungsmittel. Vielleicht lag es daran, dass mittelalterliche Kräuterbuchschreiber ihn mit den Worten lobten: »Spargel in die speis getan, bringt den männern lustige begird«. Und im Siebenbürger Land hieß er einfach »Hosendrall«. Die alten Seeleute sprachen von »lenzen«, wenn sie das eingedrungene Wasser aus ihrem alten Schiff pumpten damit es nicht absoff.

Blühende Weidekätzchen
Spargel, Kraut, Blüten und Beeren

Mit der entwässernden, entschlackenden und auch »vitalisierenden Wirkung« des Asparagus officinalis werben die Hersteller von Spargel-Tabletten und Spargel-Kapseln, die es in der Apotheke zu kaufen gibt. Und sie weisen darauf hin, dass man mit dieser Nahrungsergänzung die Inhaltsstoffe des vielseitigen Gemüses das ganze Jahr hindurch nutzen kann, auch nach Ende der Spargelsaison. Wenn dann der Bauer auf seinen Feldern die restlichen Triebe »ins Kraut schießen« lässt, wird aus den drallen Knospen der grüne Asparagus, den man auch in Blumensträuße einflechten kann. Oder man wartet, bis an den stacheligen Krautbüschen die roten Beeren reifen, aus deren Samen neue Spargelpflanzen gezogen werden.